„Vergessen im Internet“ revisited: Stellungnahme des BMI

Nachdem ich in einem vorhergehenden Artikel auf eine in mehrfacher Hinsicht problematische Seite des BMI hingewiesen hatte, blieb trotz konkreter Anfrage eine Antwort aus; die Seite wurde allerdings halbherzig überarbeitet. Da ich um eine Stellungnahme gebeten hatte, jedoch keine kam und ich vermutete, dass man bei den Verantwortlichen die Sache einfach mal aussitzen wollte, habe ich nochmal nachgehakt und darauf hingewiesen, dass bei einer unterbleibenden Reaktion dann nur meine Meinung hier zu lesen sein wird. Das hat dann doch zu einer Antwort geführt, die ich wie angekündigt auch hier veröffentlichen möchte.

Den Inhalt des Antwortschreibens und meinen Kommentar dazu findet man im erweiterten Artikel.

Sehr geehrter Herr Holzhauer,

vielen Dank für Ihre Nachrichten.

Gern nehmen wir zu Ihren drei Hinweisen Stellung:

1. Die Einbindung der jQuery-Bibliotheken über die Google API vom Bundesministerium des Innern war selbstverständlich nicht vorgesehen. Hier gab es ein Missverständnis mit dem Dienstleister, der die Website in unserem Auftrag umgesetzt hat. Der Fehler wurde inzwischen, wie Sie schon festgestellt haben, behoben.

2. Die Website des Wettbewerbs bietet, wie viele andere Websites auch, eine Social Media Share-Funktion. Der Website Besucher kann den Hinweis auf dem Wettbewerb mit seinem Netzwerk teilen. Dies ist ein optionales Angebot und umfasst neben Facebook z.B. auch die VZ-Netzwerke bzw. die Option, den Link per Email weiterzuleiten. Es wird mit dieser Share-Funktion in keiner Weise dazu aufgefordert, diesen Netzwerken beizutreten. Die Entscheidung, ob und wenn ja in welchen Netzwerken die Besucher unserer Website kommunizieren, muss jeder Internetnutzer für sich selbst treffen. Wir raten allen Internetnutzern zum sorgsamen Umgang mit ihren persönlichen Daten. Dies gilt auch für die Nutzung sozialer Netzwerke.

Mit dem Wettbewerb wollen wir den Diskurs über die Vorteile und auch die Risiken von Erinnern und Vergessen im Internet anstoßen. Der sorgsame Umgang mit persönlichen Daten ist dabei nur einer von vielen Aspekten..

3. Mit der Grafik, die zum Start des Wettbewerbs auf der Startseite eingebunden war, verhält es sich ähnlich wie mit der Google API. Es handelte sich um eine zeitlich befristete Lösung des Dienstleisters, weil es ein Problem mit der Einstellung der eigentlich vorgesehenen Texte und Grafiken gab. Diese temporäre Lösung entsprach leider nicht den Anforderungen der Barrierefreiheit. Dies war keinesfalls in unserem Sinne. Zu keinem Zeitpunkt sollte der Eindruck vermittelt werden, dass Personen vom Besuch der Website ausgeschlossen werden sollen. Der Dienstleister wurde zur umgehenden Nachbesserung aufgefordert.

Mit freundlichem Gruß

Im Auftrag

XXXXX YYYYY
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Projektgruppe Netzpolitik

Bundesministerium des Innern
Alt-Moabit 101 D, 10559 Berlin
DEUTSCHLAND
Telefon: +49 30 18681-2726
Fax: +49 30 18681-5-2726
Internet: www.bmi.bund.de, www.e-konsultation.de/netzpolitik,
www.vergessen-im-internet.de

Zu Punkt eins ist eigentlich weiter nichts zu sagen, die jQuery-Bibliotheken wurden nun auf dem eigenen Server abgelegt, so weit so gut. (Man könnte allerdings anmerken, dass es sich nicht um eine Google-„API“ handelt, sondern schlicht über eine Einbindung von den Google-Servern. Man könnte auch anmerken, dass selbst eine Google-API nicht „vom BMI“ wäre, sondern von Google, aber das könnte man für Erbsenzählerei halten…) :o)

Bei Punkt zwei möchte ich allerdings wiedersprechen und habe den Eindruck, dass man im BMI (wie schon bei Punkt eins) nicht weiß, worum es hier exakt geht. Sicherlich kann man niemandem vorschreiben, oder es unterbinden, sich bei sozialen Netzwerken anzumelden. Allerdings hat man eindeutig einen Einfluss darauf, welche Daten über Internetnutzer bei den sozialen Netzwerken gesammelt werden können und die genutzte Facebook-Funktion verknüpft und speichert eindeutige Informationen über das Nutzerverhalten, wenn man den Button auf der eigenen Seite anbietet (das gilt in ähnlicher Form für die anderen inzwischen dort angebotenen Social Media-Buttons möglicherweise ebenfalls). Die gegebene Antwort ignoriert dies völlig und negiert jegliche Verantwortung des Seitenbetreibers durch das Einfügen der Javascript-gestützten Knöpfe, bzw. möchte diese Verantwortung dem Nutzer anhängen. Auch die Tatsache, dass „viele andere Webseiten“ eine solche Funktion anbieten, kann ich als Begründung nicht wirklich gelten lassen…

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich bei dieser Antwort gedacht habe, ich lese nicht recht…

Was Punkt drei angeht, mag nun zwar der Intro-Sermon des Innenministers als Text statt als Bild vorliegen, die sonstigen Defizite in Sachen Barrierefreiheit wurden allerdings nicht beseitigt, beispielsweise gibt es immer noch keine Tastaturnavigation der Menüpunkte und nach wie vor werden Links „geblurt“.
Ebenfalls erscheint es mir als zu einfach, die Fehler schlicht „dem Dienstleister“ zuzuschieben, denn das wäre mit einem ordentlichen Anforderungsprofil bzw. Pflichtenheft nicht passiert. Natürlich sollte man als Dienstleister den Auftraggeber darauf hinweisen, dass eine Seite der Bundesverwaltung die Standards der BITV erfüllen muss. Ich vermute aber, dass viele solche „Dienstleister“ überhaupt nicht wissen, dass solche Seiten barrierefrei sein müssen.

Ernst nehmen kann zumindest ich das Anliegen der Seite „Vergessen im Internet“ aber allein schon aufgrund der wissentlich in Kauf genommenen Problematiken mit dem Facebook-Button nicht.

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